In einer durch die Berliner Kulturprojekte GmbH unterstützten Peer-to-peer-Umfrage[i] wurden 2008 über 300 Berliner Jugendliche nach ihrem Verständnis von Kultur und zu ihrem Interesse an den Kunst- und Kulturangeboten der Stadt befragt. In bezeichnenden Statements kritisieren sie u.a. die von ihnen sogenannten Berufsjugendlichen, die in den Kontexten von Kunst- und Kulturarbeit Projekte mit jungen Menschen initiieren und begleiten. Im Besonderen aber monieren sie den Mangel an öffentlichem Raum und Gelegenheiten für selbstorganisierte Projekte. Der aus dem Interviewerteam heraus gegründete „Junge Rat“ bekräftigt in einer von ihm organisierten Konferenz im Internationalen JugendKunst- und Kulturhaus Schlesische27 den Wunsch nach selbstgestalteten und -verwalteten Räumen und nach einem analogen Gegenstück zum großen digitalen Netz. Arbeitsgruppen diskutieren, warum Jugendliche ihrem eigenen Tun kaum kulturellen Wert, schon gar nicht Kunstcharakter zusprechen.
Die Schlesische27 antwortet auf diesen Mangel mit einem Projekt, das Jugendlichen und jungen Erwachsenen für einen begrenzten Zeitraum ein verwaistes Ladenlokal, eine leerstehende Kneipe, eine verlassene Remise u. ä. und ein kleines Budget für ein selbstkonzipiertes und selbstverantwortetes künstlerisch/kulturelles Bespielungs- und Raumprogramm überlässt. Das Projekt „Die jungen Pächter“ zielt auf kleine, öffentliche, eher clubähnliche Veranstaltungsformate für Freunde, Kieznachbarn und andere Pächterteams und erwartet, dass sich die jungen Leute als Veranstalter und Gastgeber erproben, die Pächterräume mit kreativen Bespielungen beleben und dafür Werbung machen.
Zur Unterstützung gewinnt das Team der Schlesischen27 Mitarbeiter aus verschiedenen Berliner Kunst- und Kultureinrichtungen, die als Mentoren den Jugendlichen bei Bedarf zur Seite stehen. Außerhalb der eigenen Räumlichkeiten und Educationprogramme wird im Bedarfsfall mit technischem, organisatorischem und künstlerischem Know-how beraten und Einblick in professionelle Bedingungen und künstlerische und veranstaltungstechnische Berufsprofile gegeben. Die Mentoren greifen in die Prozesse nicht ein und leisten Hilfestellung nur auf Anfrage hin.
Im Vorfeld machen sich so genannte Kulturscouts in der Stadt auf den Weg, um auf das Projekt aufmerksam zu machen. Der Startschuss fällt im September 2011 mit der „Projektschmiede“, in der etwa achtzig ganz unterschiedliche junge Leute aus ganz Berlin im Rahmen einer Ideenwerkstatt in der Schlesischen27 aufeinandertreffen. Künstlergruppen befördern mit der Vorstellungen ihrer Projekte bei den Jugendlichen ein vielfältiges Ideenspektrum. In kreativen Workshops werden erste Nutzungskonzepte, sogenannte „Heißschmiedepläne“ erstellt und phantasievolle Namen für die (in sechs Berliner Bezirken anvisierten) Pächterräume gefunden. Zudem erhalten sie Einblick in organisatorische, technische und rechtliche Fragestellungen, in Fragen der Öffentlichkeitsarbeit und Budgetierung. Mit der Schlüsselübergabe starten schließlich die Renovierungs- und Gestaltungsarbeiten.